Frühmittelalterliche Cantigas

Hintergrund Cantigas 1Zu den Werken der alt-galizisch-portugiesischen Kunstlyrik gehören neben den
Cantigas de Santa Maria (Alfonso X. El Sabio, 1221-1284) und den Cantigas
de Amor
(D. Dinis, 1261-1325) auch die Cantigas de amigo (Martim Codax,
13. Jh).

 

Cantigas de Santa Maria

Lobgesänge und Erzählungen zu Ehren der Gottesmutter Maria

(Alfonso X. El Sabio), gesungen in Galicisch-Altportugiesisch

Alfonso X., genannt El Sabio, der Weise, war von 1252-1284 regierender König
von Kastilien und Leon. Er war nicht nur ein Eroberer, sondern ein ambitionierter
Geist und einer der aufgeklärtesten Herrscher seiner Zeit. Der leidenschaftliche
Poet, Musiker, Astronom und Jurist schuf u.a. neue Grundlagen für die Universität
Salamanca und förderte die berühmte Übersetzerschule von Toledo. Er war nicht nur ein geehrter Schirmherr verschiedenster Troubadouren, sondern betätigte sich selber
als Troubadour und Verfasser.

Sein lyrisches Werk, die insgesamt 427 Cantigas de Santa Maria (61 Loblieder und 356 Wundererzählungen zu Ehren der Jungfrau Maria) wurden in Galicisch-Portugiesisch verfasst, zu jener Zeit die bevorzugte Sprache für gesungene Poesie. Alfonso X. war nicht der alleinige Schöpfer aller Stücke. Sie wurden aber allesamt unter seiner Leitung geschrieben. Der Troubadoren König, der sich für eine einheitliche, poetische Sprache eingesetzt hat, eine musikalische Sprache, die auf die Traditionen dreier Kulturen beruht; der muslimischen,der jüdischen und der christlichen, war sein ganzes Leben der Spiritus Rector dieses gesamten schöpferischen Prozesses. Unter seiner Herrschaft wurde der Reichtum des Zusammenlebens, der drei abendländischen Kulturen möglich, sichtbar und hörbar. Das Repertoire seines Werkes ist geprägt von reicher Vielfalt, eleganter Schlichtheit der Melodien und von der geistvollen Ausdruckskraft der Texte. Die völker- und religionsverbindende Intention und künstlerische Inspiration der Sängerin Agnes Erkens, (siehe hebräische Liederprogramme) prägen die gesangliche Interpretation des lyrischen Werkes von Alfonso X. (Cantigas de Santa Maria) und werden seinem Geist gerecht.

Dennoch ist die Interpretation der Sängerin keine Reproduktion einer alten Musiktradition, sondern vielmehr eine Erinnerung und Wiederbelebung einer Form des Gesanges, die durch Schlichtheit, Natürlichkeit und Ursprünglichkeit ihren Ausdruck findet. Die Sängerin und Marien-Verehrerin trägt die Cantigas in ihrem einstündigen Lieder-Programm in sakralen, akustischen Räumen wie Kirchen und Klöstern etc. A Capella und in Begleitung einer arabischen Laute, Oud vor.

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Hintergrund Cantigas 2Cantiga d’amigo

Alt-Galicisch-Portugiesische Frauenlieder – ‚Freundeslied‘

(Martim Codax 13.Jh.), gesungen in Alt-Galicisch-Portugiesisch

Die Cantigas de amigo sind weltliche Liebeslieder, die sogenannten
Freundeslieder. Es handelt sich um s.g. Frauenlieder, eine volkstümliche
Liedform, dessen älteste Form ein Selbstgespräch ist, in welchem
ein Mädchen den Gefühlen Ausdruck verleiht und deren durchgehendes
Motiv die klagenden Fragen eines sich nach dem Geliebten sehnenden
Mädchens ist. Die Fragen richten sich an den abwesenden Freund,
an die Mutter, an die Freundin oder an die Naturgewalten
(z.B.Ondas do mar de Vigo).

Diese Frühform iberoromanischer Lyrik erinnert inhaltlich und formal
an die Hargas, romanische Frauenlieder aus der maurischen al-Ándalus (11./12.Jhd.), Glanzpunkte der arabischen
und hebräischen Muwassah-Dichtung, die in der gleichen Knappheit und sehr volkstümlich getönten Unmittelbarkeit
gedichtet sind.

Durch die damalige Stellung der Frau wurde die Poesie und Kunstlyrik von Dichtern des Castilischen Hofes bestimmt.
Der Dichter schlüpfte in die Rolle der Frau. Die Cantigas de amigo gehören zu den Werken des Dichters Martim Codax.
Sie sind geprägt durch die kulturelle und künstlerische Entwicklung zur Zeit der Herrschaft des Troubadoren Königs Alfonso X. El Sabio, der sich für eine einheitliche, poetische Sprache eingesetzt hat, eine musikalische Sprache, die auf die Traditionen dreier Kulturen beruht; der muslimischen, der jüdischen und der christlichen.

Die weitere poetische, musikalische und spirituelle Beieinflußung und Ausrichtung entstand durch die kulturellen und intellektuellen Beziehungen zu Frankreich. Der nach Alfonso X. El Sabio herrschende König D. Dinis, 1261-1325 holte überwiegend in Frankreich ausgebildete Gelehrte an die Universität von Salamanca, da diese über einen wesentlich weiterentwickelten Bildungsstand verfügten.

Die Cantigas de amigo sind von natürlicher und ursprünglicher Schlichtheit. Dennoch oder gerade deshalb haben sie eine poetische, magisch-suggestive Wirkung, die durch die Form der Dichtung – meist sind die Strophen dreizeilig, in denen der Streit zwischen dem Drang des Herzens und dem Zwang der Verhältnisse dem Gefühl der Sehnsucht im Kehrreim Ausdruck verleiht.

In der Interpretation der Sängerin Agnes Erkens findet diese schlichte Poesie auch heute ihren Ausdruck. Die Sängerin trägt die Cantigas A Capella und begleitet mit der arabischen Laute (Oud) oder Saz und Baglama vor.

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